Die meisten von uns kennen das Gefühl der Enttäuschung – dieser unangenehme Schmerz, der uns überfällt, wenn Menschen oder Ereignisse unsere Erwartungen nicht erfüllen. Doch oft liegt das Problem nicht bei anderen, sondern bei unseren eigenen, manchmal unrealistisch hohen Erwartungen. Hier liegt der Schlüssel zu einem weniger stressigen und erfolgreichen Unternehmerleben: effektives Erwartungsmanagement.
Verstehen des Problems: Die Wurzel der Enttäuschung
Enttäuschung entsteht selten durch die Menschen oder Ereignisse, die uns enttäuschen. Der wahre Übeltäter sind unsere eigenen, oft überhöhten Erwartungen. Jede Enttäuschung ist somit eine unerfüllte Erwartung. Da Erwartungen hausgemacht sind, sind sie unser eigenes Problem.
Die Lösung: Drei Ebenen des Erwartungsmanagements
Seitdem ich das Problem erkannt habe, arbeite ich daran, meine Erwartungen konsequent zu managen. Ich unterteile diesen Prozess in drei Hauptebenen:
Unmissverständliche Formulierung meiner Erwartungen an andere
Einforderung klarer Erwartungen an mich
Anpassung meiner Erwartungen
Erste Ebene: Erwartungen formulieren
Es ist wichtig, Erwartungen an Mitarbeitende, Kunden und Partner klar und unmissverständlich zu formulieren. Im Kontext der Unternehmensführung können hier häufig Enttäuschungen entstehen. Ich nutze die Rollen-Canvas-Methode zur Definition von Rollen, die Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Ziele einer Rolle festlegt. Dies macht die grundsätzlichen Erwartungen klar, die von der Firma und den Kollegen an die jeweilige Rolle und die Personen, die sie ausfüllen, gestellt werden.
Die bloße Klärung der Rollen reicht aber nicht aus. Im täglichen Betrieb müssen klare Erwartungen formuliert werden. Hier ein einfaches Beispiel, wie das aussehen kann:
Normal formuliert: „Thomas, bitte komm morgen um neun ins Teammeeting. Ich möchte, dass alle wissen, wo wir im Projekt XY stehen.“
Erwartungen klarer formuliert: „Thomas, kannst du bitte morgen um neun ins Teammeeting kommen? Wir starten pünktlich um neun, und du bist der Erste auf der Agenda. Ich erwarte, dass du pünktlich anfängst. Pünktlich heißt bei uns nicht um neun im Raum zu sein, um sich einen Kaffee zu ziehen, sondern um neun fängt das Meeting an. Passt das so für dich, Thomas? Schaffst du es, um neun da zu sein? Ich möchte, dass du uns ein kurzes Update gibst, damit alle wissen, wo wir stehen. Ich möchte die Dinge morgen nicht diskutieren. Bitte fasse das Wichtigste in maximal 5 Minuten zusammen.“
Führung ist keine Einbahnstraße, ich möchte lieber gleich hören, dass meine Erwartungen nicht erfüllt werden, statt mich später darüber aufzuregen. Daher schließe ich auch mit einer Frage ab. Thomas hätte Gelegenheit mir zu sagen, dass er morgen um acht einen Termin hat, Neun könnte daher knapp werden.
In der Praxis braucht es trotz dieser klaren Kommunikation manchmal noch weitere Schleifen. Bleiben wir bei unserem Beispiel, um das zu verdeutlichen: Es ist neun Uhr, das Meeting startet und Thomas ist nicht da. Er kommt fünf Minuten zu spät und gestresst ins Meeting. "Sorry, mein Meeting ging länger" Dann legt er los und schmeißt eine 20-seitige Präsentation an die Wand. Das Update, das eigentlich 5 Minuten hätte dauern sollen, kostet uns weitere 20 Minuten.
Ich bin natürlich enttäuscht. Schließlich habe ich meine Erwartungen klar formuliert. Also drehen wir noch eine Schleife und formulieren weitere Erwartungen:
"Thomas, wenn du bei der Planung deiner Termine absehen kannst, dass es knapp wird, erwarte ich von dir, dass du mir frühzeitig Bescheid gibst. Ich hätte locker die Agenda umstellen können, so mussten wir alle warten. Mir war es wichtig, dass wir nicht mehr als fünf Minuten für das Update brauchen. Das habe ich wörtlich gemeint. Ich erwarte von unseren Meetings, dass sie effizient und ohne unnötiges Blabla ablaufen. Daher hatte ich dich gebeten, ein kurzes Update in 5 Minuten zu geben. Wenn jeder zehn Minuten übersieht, sitzen wir alle nur noch in Meetings. Bitte halte dich zukünftig an die zeitlichen Vorgaben, ok?!"
Und so lernt Thomas, was ich von ihm erwarte und kann sich darauf einstellen. Beim nächsten Mal wird er wissen, dass ich Pünktlichkeit erwarte und bestenfalls so reagieren:
"Christoph, ich kann dir nicht versprechen, dass ich es morgen bis neun schaffe. Ich habe vorher noch einen Termin. Kannst du mich um 9:30 auf die Agenda setzen?"
"Christoph, ich denke, fünf Minuten reichen nicht, um das Projekt komplett zu verstehen. Wenn ich zehn Minuten Zeit hätte, könnte ich alle relevanten Punkte zeigen."
Zweite Ebene: Erwartungen einfordern
Es ist ebenso wichtig, dass andere ihre Erwartungen an mich klar formulieren. Denn ich kann sicherlich nicht alle Erwartungen erfüllen. Aber ich kann zumindest darauf reagieren, indem ich klarstelle, dass ich bestimmte Erwartungen vielleicht nicht erfüllen kann. Durch diese Klarheit entstehen weniger Enttäuschungen, Konflikte und Stress.
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Dritte Ebene: Erwartungen anpassen
Eine weitere wichtige Strategie ist das Herunterschrauben der eigenen Erwartungen. Anstatt hohe Erwartungen an jede Situation zu stellen, die dann unweigerlich enttäuscht werden, ist es manchmal besser, die Erwartungen zu reduzieren und realistischer zu gestalten.
Ein Beispiel hierfür ist die Erwartung, dass alle Züge und Straßenbahnen pünktlich fahren. Eine realistischere Erwartung wäre, Verspätungen und Ausfälle einzuplanen. Ebenso ist es unrealistisch zu erwarten, dass Mitarbeiter immer mit maximaler Leistung und ohne Konflikte arbeiten. Eine angepasste Erwartung könnte beispielsweise sein, dass immer mal jemand krank ist oder einen schlechten Tag hat.
Abschluss
Das effektive Managen unserer Erwartungen ist der Schlüssel zu einem glücklicheren und weniger stressigen Leben – sowohl persönlich als auch beruflich. Indem wir unsere Erwartungen klar formulieren, einfordern und gegebenenfalls anpassen, können wir Enttäuschungen minimieren und unser Leben einfacher gestalten.
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